Erst einmal nachdenken, dann findet sich immer eine Lösung

FH Aktiv

Erschienen in FH Aktiv Nr. 3.

Lektorenporträt

Die erste Stunde seines Arabisch-Unterrichts an der FH Krems beginnt Dr. Tarek Eltayeb immer auf dieselbe Weise. Er legt seinen Studierenden 30 Vokabeln vor – selbstverständlich in arabischer Schrift. Und weil die erste Reaktion der Studenten immer dieselbe ist, gibt er das Versprechen dazu, dass sie in drei Monaten keine Probleme mehr mit der Schrift haben werden. Falls das nicht so sein sollte, könnten sie sich ruhig beim Rektor beschweren, was er doch für ein schlechter Professor sei. „Bis jetzt hat sich noch niemand beschwert“, lächelt er verschmitzt.

Das passt irgendwie gut zu seinem Motto: „Nicht ärgern, sondern denken. Die Lösung findet sich dann schon.“ Dieses Motto auf seinen Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen, hatte der 47-Jährige in seinem Leben Gelegenheit genug.

Kairo geboren, studierte er Betriebswirtschaft. "Ich hätte viel lieber Sprachen studiert und wäre Moderator geworden", sagt er – auf Grund des ägyptischen Studiensystems war das aber nicht möglich.

Wunsch-Karriere Schriftteller

„Angefangen zu schreiben habe ich,
weil ich einsam war"

Eine Änderung dieses Systems machte es ihm auch unmöglich, seinen Magister zu machen. Also arbeitete er als Buchprüfer, was ihn aber nicht nur wegen des – sagen wir – bescheidenen Gehalts nicht die Erfüllung seiner Lebensträume zu sein schien. „Ich wollte weiter studieren, also musste ich ein Land finden, in dem das für mich möglich war“, erzählt er. Was ihn schließlich nach Österreich an die WU Wien führte. „Damals habe ich geglaubt, ich studiere und arbeite daneben ein wenig“, erinnert er sich an seine ersten Jahre hierzulande. Dass das nicht so einfach war, wie er geglaubt hatte, merkte er, als er sich als Zeitungskolporteur im 22. Wiener Gemeindebezirk wieder fand. Da hieß es für ihn um vier Uhr früh aufstehen und bis zehn Uhr Zeitungen zu verkaufen.

Der Deutschkurs, den er besuchte, begann aber schon um neun Uhr. Ärgerlich zwar, aber kein Grund aufzugeben. Und mit ein wenig Nachdenken und einer Portion Glück konnte er nach einiger Zeit Zeitungen Zeitungen sein lassen und als Übersetzer und Nachhilfelehrer für Arabisch arbeiten. Seine erste Schülerin beschloss zwar nach rund einem Jahr, kein Geld mehr für Nachhilfe auszugeben. Grund zu Ärger war das aber keiner. Ganz im Gegenteil, beschloss sie doch dafür, seine Frau zu werden. Mittlerweile ist sie nicht nur seine Frau, sondern auch seine Übersetzerin. Denn für den Wirtschaftswissenschafter Eltayeb – er promovierte 1997 – begann in Wien auch seine eigentliche Wunsch-Karriere: Die des Schriftstellers.

„Angefangen zu schreiben habe ich, weil ich einsam war", sagt Eltayeb. Durch Zufall erlangte er die Kenntnis, dass eine arabische Zeitung in London Texte von Auslands-Arabern suchte. Kurzerhand schickte er zwei seiner Geschichten nach London, zwei andere auf gut Glück nach Ägypten. „Alle Geschichten wurden veröffentlicht“, erzählt er noch heute nicht ganz ohne Stolz über diesen ersten Erfolg.

Zwei Romane und zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte später, hat er sich als Schriftsteller etabliert. Dass er auch Ökonom ist, bedeutet seiner Ansicht nach keinen Widerspruch. „Erstens, weil es egal ist, was man lernt – für die Literatur ist alles hilfreich“. Außerdem habe er als Ökonom gelernt, auch in der Literatur sparsam zu sein. „So kann ich einen direkten Zugang zu dem finden, was ich sagen möchte“. Seinen Lesern und seinen Studierenden.